Im Gespräch mit ...
Expertinnen und Experten, die im Tourismus arbeiten. Wir suchen das Gespräch - nicht nur mit dir auf den DUalogen, sondern auch mit den Arbeitnehmenden aus der Tourismusbranche. Bei sechs Experten-Talks in ganz Baden-Württemberg luden wir zur Diskussion zwischen Entscheidern aus Politik und Wirtschaft sowie touristischen Leistungsträgern ein.
Zu diesen Themen wurde diskutiert:
- Wie viel Tourismus ist genug?
- Schafft Tourismus kulturellen Austausch?
- Nachhaltiger Tourismus - unterschätztes Potenzial?
- Tourismus als Zukunftsarbeitgeber?
- i-Mobility und green energy: Kann Tourismus Zukunft?
Sechs Regionen, sechs Experten-Talks
Die Veranstaltungen finden in den sechs touristischen Regionen Baden-Württembergs statt, um die Unterschiede und jeweiligen Herausforderungen in Bezug auf die Wahrnehmung des Tourismus in den einzelnen Gegenden zu berücksichtigen. Nachfolgend findest Du alle Informationen zu den Experten-Talks. Schau dir hier auch gerne die Aufzeichnungen unserer Diskussionsrunden an.
Wie viel Tourismus ist genug?
Die Experten sind sich einig: Man kann nicht von Overtourism sprechen - denn: die Vorteile des Tourismus überwiegen.
„Der Tourismus nimmt eine Vorreiterrolle für nachhaltiges Verhalten ein und wird wirtschaftlich immer schwergewichtiger: Wir nehmen mit dem Tourismus fast 24, Mrd. € Steuereinnahmen ein." - Staatssekretär Dr. Rapp MdL
Um wahrgenommene Belastungen und Einschränkungen durch eine hohe Besucherzahl mit konkreten Maßnahmen entgegenzuwirken, ist die Entwicklung von nachhaltigem Tourismus zentral - in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht.
„Gezielte Angebote wie Mitarbeiterwohnungen für Einheimische, um höhere Preise in touristischen Regionen auszugleichen, ist eine Möglichkeit unter vielen." - Gräfin Bernadotte, Mainau GmbH
Wusstest Du, dass ohne Tourismus das Angebot der Bodensee-Schifffahrt nicht so umfangreich wäre? In einem wirtschaftlich guten Jahr werden 2,2 Millionen Fahrgäste gezählt, während es in Corona-Zeiten fast 50 % weniger waren. Viele Dienstleistungen werden erst durch Touristen wirtschaftlich.
Hier geht´s zum ganzen Experten-Talk:
Schafft Tourismus kulturellen Austausch?
Das Urgeschichtliche Museum als
UNESCO-Welterbe, der Campus Galli, Outlet-Cities oder diverse
Kulturveranstaltungen bieten in der Schwäbischen Alb viele Möglichkeiten des
Austausches zwischen Einheimischen & Gästen. Am Campus Galli –
Mittelalterbaustelle und Freilichtmuseum – können Menschen freiwillig
mitarbeiten und miteinander in den Austausch treten.
Den Experten zufolge sollen die lokale Bevölkerung und Gäste gleichermaßen etwas von Kulturangeboten wie diesem und allgemein haben, um Anspannungen und Konfliktpunkten entgegenzuwirken. Am Ausbau und Angebot von Kulturangeboten wie Museumsfeste oder der Welterbe- oder Familientag soll weiterhin festgehalten werden, um der Bevölkerung die Bedeutung des Tourismus näherzubringen und die Wahrnehmung des Tourismus als Grundvoraussetzung für kulturellen Austausch zu fördern.
„Wie sollen sich Kulturen weiterentwickeln, wenn nicht durch Reisen in andere Länder? Der Tourismus ist Grundvoraussetzung für kulturellen Austausch, aber kein Garant dafür“ – Louis Schumann, Geschäftsführer Schwäbische Alb Tourismus
Hier geht´s zum ganzen Experten-Talk:
Nachhaltiger Tourismus
Nachhaltigkeit spielt auch im Tourismus eine immer wichtigere Rolle. Gerade im Schwarzwald mit seinen Naturschutzgebieten – hier wird ein respektvoller Umgang zwischen Menschen und Natur angestrebt und kommuniziert.
„Es ist zunehmend wichtig, sich im Natur-Tourismus auf gemeinsame Grundregeln des Verhaltens zu einigen und diese bei allen Besuchergruppen einzufordern.“ – Urs Reif, Leiter des Rangerteams Nationalpark Schwarzwald.
Auch Angebote verändern sich – so informieren Hotels die Gäste über den CO2 Fußabdruck ihrer Reise, nutzen erneuerbare Energien oder sind sogar ganz autark.
Das Verständnis einer gesunden Natur als Grundlage für eine gesunde Wirtschaft soll als Leitgedanke etabliert werden. „Ökonomisches Wachstum durch ökologisch sinnvolles Handeln“ lautet das Motto.
Tourismus: Zukunftsarbeitgeber?
„Weiterbildung ist der Schlüssel“ – strukturelle Herausforderungen wie der Fachkräftemangel im Tourismusbereich haben durch die Corona-Pandemie zugenommen. Um wieder mehr Menschen für diese Branche zu begeistern, sollte den Experten zufolge der Mensch mit seinen Bedürfnissen im Zentrum stehen: Mitarbeiterwohnungen, Gratisverpflegung, bessere Dienstzeiten, Fortbildungen sind die Stichwörter. Damit kann nicht nur dem Fachkräftemangel entgegengesteuert werden, sondern auch dem wachsenden Bedürfnis nach Work-Life-Balance gerecht werden.
„Wer Leistung fordert, muss Sinn bieten. Das bedeutet für Arbeitgeber: respektvoller Umgang und Führung auf Augenhöhe“, sagt Jürgen Wegmann, Geschäftsführer Wald & Schlosshotel Friedrichsruhe.
Nördliches Baden-Württemberg: Die Aufzeichnung
i-Mobility and Green energy: Kann Tourismus Zukunft?
In dieser Diskussionsrunde drehte sich alles um die Themen Globalisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel und Klimawandel. Auch die sich verändernden Gästeanforderungen sind mitzudenken, die die stetige Entwicklung des Tourismus, das Aufspüren neuer Trends sowie die Optimierung von Angeboten betreffen. Denn Infrastruktur- und Mobilitätssysteme werden immer komplexer.
„Gerade im ländlichen Raum ist es oft eine Herausforderung, öffentliche Verkehre aufrechtzuerhalten und leerstehende Bahnhofsgebäude zu revitalisieren. Der Tourismus kann hier als Innovator wirken und maßgeblich Zukunftstechnologien umsetzen“ – Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, MdL.
Die Experten setzen auf konkrete Maßnahmen, wie beispielsweise die Aktion eines kostenlosen regionalen ÖPNV bei der Buchung eines Hotelzimmers über Stuttgart Marketing & Regio Stuttgart.
Auch grüne Mobilität soll ausgebaut werden, indem zum Beispiel wenig einladende Wege von Bahnhöfen ins Zentrum attraktiver gestaltet werden. Denn der erste Eindruck zählt und die Attraktivität der mobilen Anreise kann damit für Gäste und Einheimische erhöht werden.
Stuttgart: Die Aufzeichnung
Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum durch prädikatisierte Heilbäder und Kurorte
Welchen konkreten Beitrag können prädikatisierte Heilbäder und Kurorte zur medizinischen Versorgung und zur Verbesserung der Lebensqualität von Touristen und Einheimischen leisten? Wo liegen aktuelle Herausforderungen und Verbesserungspotenziale? Diesen Fragen widmeten sich Experten aus der Tourismus- und Heilbäderbranche.
Insgesamt betonte die Expertenrunde den insbesondere vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie hohen gesellschaftlichen Stellenwert von Gesundheit und den wertvollen Beitrag, den Heilbäder und Kurorte zur Verbesserung der medizinischen Versorgung für Gäste und Einheimische leisten. Mit prädikatisierten Heilbädern und Kurorten werden Faktoren wie eine gute Verkehrsanbindung, die notwendige Verkehrsruhe, Erholungsorte in der Natur sowie wirtschaftliche und kulturelle Angebote möglich, wovon alle Beteiligten profitieren.
„Ziel ist es, ein gegenseitiges Verständnis zu generieren und aufzuzeigen, welchen Mehrwert Heilbäder und Kurorte für die eigene Lebensqualität gerade im ländlichen Raum bieten.“ – Staatssekretär Dr. Patrick Rapp, MdL
Für die Attraktivität eines Wirtschafts- oder Tourismusstandorts ist ein Prädikat ein Schritt in die richtige Richtung, jedoch noch lange nicht ausreichend: „Mehr Vernetzung, weniger Bürokratie, Kinderbetreuungsmöglichkeiten oder ausreichend Karrierechancen für den Partner oder die Partnerin aus nichtmedizinischen Berufen ist mitunter notwendig für eine attraktive Gestaltung“, argumentiert Lutz Weber, Allgemeinmediziner und Bezirksvorsitzender Südwürttemberg des Hausärzteverbands Baden-Württemberg.
Auch junge Menschen sollen mehr zu dieser Thematik abgeholt werden, um ihnen die hohe Bedeutung der Prävention zur Gesundheitsförderung näherzubringen – etwa durch regelmäßige Werbe-, PR- und Social-Media-Maßnahmen.